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Das zweiwöchige Meltdown Musikfestival in London wird jedes Jahr in die Hände eines Künstlers gegeben, der dann das Programm festlegt. In seiner 16. Auflage fand es unter der Regie von Ornette Coleman statt; mit Künstlern wie Patti Smith, Bobby McFerrin, Baaba Maal, Yo La Tengo oder Yoko Ono Plastic Ono Band.

Ein Höhepunkt war das Abschlusskonzert, das vom Intendanten höchst persönlich bestritten wurde. Der Freejazzer Ornette Coleman – 1930 im nordamerikanischen Texas geboren – holte sich für diesen Auftritt das marokkanische Orchester “The Master Musicians of Jajouka” an seine Seite. Die Musikgruppe hat Ende der 60er Jahre weltweit von sich hören lassen, als einer der Rolling Stones, Brian Jones nämlich, die Magie dieser Musiktradition erkannte. Wenige Jahre später – 1973 – traf Ornette Coleman auf die Truppe und spielte mir ihr zwei Alben ein.

Dass die Musicians of Jajouka nun beim Meltdown Festival auftauchten, war eine überaus angenehme Überraschung. Es war der Moment erneut miteinander Musik zu machen und die faszinierende Fusion von marokkanischen trance trommeln und den fluffig-kühlen Sound von Colemans Saxophons wieder aufleben zu lassen: Das Pulsieren der vier Trommler, die polyrhythmische Pattern ineinander verschränken; flirrende Flötentöne und eine sich windende marokkanische Oboe kontrastiert vom Harmonik-Geflecht mit dem Coleman sein Saxophon zum Sprechen brachte.

Ein Kritiker beschreibt den Auftritt des marokkanischen Ensembles gemeinsam mit Coleman am 16. Juni dieses Jahres in der Royal Festival Hall als einen hypnotischen Moment, dem sich keiner zu widersetzen vermochte.

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Dem Wunsch, einen neuen Sound zu erschaffen, verschreiben sich so einige Bands – und den wenigsten gelingt es. Definitiv ist es Quetev Meriri (aramäisch: vergifteter Pfeil) gelungen, sich einer herkömmlichen Etikettierung zu entziehen. Spielzeugakkordeon, Gitarre, Oud, Percussions und einige Vocals vermischen sich zu einer vermeintlich schrägen Avantgarde-Musik, die von vereinzelten Melodiefetzen durchbrochen wird.

Von Rezensionen

Haim Rachmani, Shai Lowenstein und Yehu Yaron bieten mit ihrem ersten Album einen interessanten Einblick in die Tel Aviver Kunst- und Musikszene, in der sie auch mit diversen Soloprojekten aktiv sind. Ihre Debüt “Quetev Meriri” haben sie mit einem geistigen Überbau versehen: Jedes der sieben Stücke ist nach einem jüdischen Intellektuellen benannt.

Von den Philosophen Emmanuel Lévinas und Walter Benjamin bis Rosa Luxemburg. »Wir wollten ihnen ein musikalisches Denkmal errichten«, so einer der Musiker. Fest steht, dass dieses »Denkmal« nicht der gängigen, in der Popkultur vorherrschenden Langeweile zugeordnet werden kann. Der Klangbreite, die Rachmani in aller Bescheidenheit gerne irgendwo zwischen »Verstörung« und »Schönheit« klassifiziert, gelingt es tatsächlich, gewisse Klischees aufzubrechen. Ausnahmsweise wird der jedem Westeuropäer ins Hirn gemeißelte popkulturelle Erwartungshorizont mal nicht erfüllt. Klingt erfrischend.

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Hip-HopperInnen nehmen wie nur wenige andere ihrer MusikerkollegInnen Stellung zu politischen und sozialen Brennpunkten. Einem jungen Musiker soll an dieser Stelle gedacht werden, der trotz seines frühen Todes so einiges in Bewegung gesetzt hat. Abraham Bojorquez hat in seinen Raps mit der Gruppe Ukamau y Ké von der bolivianischen Stadt El Alto aus, auf die soziale Ungerechtigkeit in seinem Land und den anderen lateinamerikanischen Staaten aufmerksam gemacht. 
   

 

Mit seinen Texten in Spanisch und Aymara trat Bojorquez dicht an die Landbevölkerung Boliviens heran. Richtete sich auf gegen Rassismus, Ausbeutung, Intoleranz und Unterdrückung. Fand Worte für die extrem schwierige ökonomische Situation seines Volkes und führte vor Augen wie absurd eigentlich die Erklärungen wirken, die rechte Medien für dieses Ungleichgewicht heranziehen.

Auch musikalisch drückt sich aus, wofür die Gruppe Ukamau y Ke mit ihrem Frontmann Abraham Bojorquez eingestanden hat. Andine Flöten, wie Antara und Quena und das andine Saiteninstrument Charango weben den Klangteppich für die Raps. Abraham Bojorquez ist Ende Mai – soweit bisher bekannt – von einem der wild durch die Nacht stiebenden Busse Boliviens erfasst worden und an seinen Verletzungen im Alter von 26 Jahren verstorben. 

 
Die Zeitschrift der Informationsstelle Lateinamerika (Nr. 327) hat ihm einen Artikel gewidmet. Auch der Blog “revistalamalapalabra” bietet reichlich zusätzliche Informationen.

 

Von Rezensionen

 

Nachfolgendes Statement ist von Abraham Bojorquez selbst verfasst worden:

“I live in a very poor town near La Paz (Bolivian capital), at 4,100 metres altitude. In El Alto we support Evo Morales, the first ever Native American president in the history of the country – a country where the majority of the population is Native American.

We started up Aymara [American Indians living on the border of Chile, Bolivia and Peru] rap a few years ago, to denounce neoliberal politics and the discrimination that we’re all victim of. We mix up ancestral beats and play Andean flutes and other local instruments, along with raps invented by our African brothers 35 years ago in marginalised districts in the US.

At school we only learnt Spanish. And our parents didn’t want us to learn Aymara either, to avoid us being discriminated against by white and multi racial people. Now, we sing in Spanish and a bit in Aymara, because we’re having to re-learn our original language. A new political context has let us express pride for culture and language. We wear a combination of American and American Indian clothes: baggy jeans, basketball vests, ponchos and uchus [a type of Andean hat].

We can’t, and don’t want to, talk about the same things as American rappers -sex, cars, gold jewellery. We talk about our poverty, our people and our fight against imperialism. We want to wake up young Bolivians. Politics got too corrupt and it needs to be talked about in a fresh way so that young people are interested in it.

For some years now, political parties, NGOs and some local councils have called on us for civic education campaigns. We’ve done rap workshops and created songs for various groups: prisoners of La Paz prisons, minors’ children, shoe shiners and the Afro-Bolivian community. We even played in the first half of a Manu Chao concert in Bolivia a few years ago.

I’m a modern Aymara: you can be modern and still stay true to your roots. You shouldn’t close yourself in and neither should you let your culture die. I discovered rap in shantytowns in Brazil when I moved there, alone, to work in the textile industry. I was 12. I rap because it’s a type of music that doesn’t need any instrument. It costs less than rock or traditional music.”

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Der in Wien lebende iranische Musiker Mohsen Namjoo ist wegen der Vertonung von Koranversen in seiner Abwesenheit von einem Teheraner Gericht zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. 

Die iranische Nachrichtenagentur FARS meldete unter Berufung auf einen mit dem Fall vertrauten Richter, Namjoo sei wegen seiner “unkonventionellen Vertonung des Koran” verurteilt worden.  Die iranischen Behörden verstanden eine von Namjoos Arbeiten als einen “Angriff auf die islamische Moral”. Der Setar-Spieler habe den Koran lächerlich gemacht, indem er ihn in einer “westlichen, anti-islamischen Art und Weise” vergetragen habe. 

Geklagt hatte der Koran-Experten Abbas Salimi Namin. Das Urteil sei bereits am 9. Juni gefallen. Namjoo gab bekannt, er habe sich bereits im vergangenen September in einem Schreiben an seine Mutter, die muslimische Geistlichkeit und das iranische Volk für die Tonaufnahme entschuldigt und erklärt, er habe diese nie veröffentlichen wollen. Der Iranischen Koran- Nachrichtenagentur (IQNA) zufolge sieht sich Namjoo als Opfer einer “nicht genehmigten Veröffentlichung” seines Stücks im Internet. Demnach wolle er die Urheber der Veröffentlichung verklagen. Namjoos Bruder Hamid kündigte an, die Familie des Musikers werde Berufung gegen die Haftstrafe einlegen.

Mohsen Namjoo wurde 1976 im Nordosten des Iran geboren. 1994 nahm er ein Musikstudium an der Universität von Teheran auf, wurde jedoch nach drei Jahren vom Studium verwiesen, da seine künstlerischen Ideen von den Erwartungen abwichen. Mohsen Namjoo wurde durch den Dokumentarfilm “Sounds of Silence” bekannt. In dem Film von Amir Hamz und Mark Lazarz wurde die Underground-Musikszene Teherans portraitiert. 

“The Desert Is Covered with Fog” ist Namjoos erstes Musikviedeo. Der Titel geht auf das Gedicht “Fog” von Ahmad Shamlou zurück. Das Video ist eine Arbeit von Mostafa Heravi und entstand in Zusammenarbeit mit dem persischsprachigen Radio Zamaneh aus den Niederlanden. Es ist den Iranerinnen und Iranern gewidmet, die ihr Leben während der jüngsten Straßenproteste im Iran verloren haben.

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Ein literarisch-musikalisches Porträt der albanischen Dichterin Gerda Dalipaj

Ein Feature von Eckehard Pistrick

19. Juli 2009   18 Uhr   Radio Corax   [live stream]

TINYA Podcast #43 [

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Wenn die Ethnologin Gerda Dalipaj durch den Schlamm der Peripherie ihrer Heimatstadt wandert, wird sie zur Dichterin. Existentielle Zerrissenheit zwischen den Verlockungen westlicher Konsumwelt, den Werten der Tradition und der Freiheit der Gedanken spiegeln sich in ihren Versen, die sie zur neuen Stimme eines vergessenen Landes im Umbruch macht. Sie folgt den Spuren eines griechischen Wolfes, der ohne Pass illegal seinen Weg über die Grenze findet oder den Falschheiten und Lügen die sich ebenso hinter den Gesichtern gestylter Frauen wie hinter den feisten Visagen korrupter Politiker verbergen. Eine Nachlese ihrer Buchpremiere „Neue Knoten” in Halle. Ein unverstellter poetischer Blick auf ein Land, dessen Zukunft in der Vergangenheit liegt.

Von TINYA Autoren
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Die Nichtregierungsorganisation Freemuse meldet, dass in den vergangenen Monaten mehr als 20 größere kulturelle Veranstaltungen aufgrund der neuen Visaregelungen der britischen Regierung vom November 2008 abgesagt oder eingeschränkt werden mussten.

Die britische Regierung will mit den neuen Einreisebeschränkungen die illigale Zuwanderung eindämmen. Freemuse beruft sich auf einen Bericht von Manifesto Club, einer Kampagne, die sich gegen die Überregulierung des täglichen Lebens und für offene Grenzen ausspricht. Der Bericht macht deutlich, dass eingeladene Künstler und Wissenschaftler in erhöhtem Masse nicht nach Großbritannien einreisen durften und dadurch mehrere Veranstaltungen abgesagt werden mussten. Manifesto Club hat eine Petition gegen die Einreisebeschränkungen gestartet, die von mehr als 6000 Menschen unterzeichnet worden ist.

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Der Kubanische Musiker Juan Formell erhielt in der vergangenen Woche die Ehrendoktorwürde des “Höheren Instituts der Künste” in Havana auf Kuba

Damit wurde Formell mit der wohl höchsten künstlerischen Ehre staatlicherseits ausgezeichnet. Der Bassist zählt zu den wohl bedeutendsten Schöpfern kubanischer Popularmusik der letzten vier Jahrzehnte. Formell leitet bereits seit knapp 40 Jahren die Gruppe “Los Van Van”, eines der wichtigsten Timba-Ensemble auf Kuba. Deren Stücke sind tief verwurzelt im musikalischen Erbe des karibischen Inselstaates. Dabei setzten “Los Van Van” neue, klangliche Impulse durch die Ergänzung um elektrische Instrumente wie Synthesizer, Gitarre und Bass. Zum unverkennbaren Klang tragen auch die verstärkten Violinen und Cellos bei. Typisch für die Gruppe ist außerdem die Vermischung von afrokubanischen Rhythmen mit Funk, Rock und Hip Hop Elementen. In seiner Ansprache auf der Feier zur Übergabe der Doktorwürde sagte 
Chucho Valdés: “Juan Formell ist ein Klassiker der kubanischen Musik, der die Tanzmusik dieser Insel revolutioniert hat.”

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20 Jun, 2009

Der Sarod-Virtuose Ali Akbar Khan ist verstorben

Posted by: Redaktion In: News

Yehudi Menuhin nannte ihn den “größten Musiker, den es auf der Welt gibt”. Am Freitag (19. Juni 2009) ist der Sarod-Spieler und Komponist klassischer indischer Musik Ali Akbar Khan im Alter von 87 Jahren in San Francisco verstorben.

Khans Verdienste als Botschafter und Lehrer klassischer indischer Musik sind vielfältig. 1967 gründete er das Ali Akbar College of Music, das seinen Sitz heute in San Rafael in Kalifornien hat. Schätzungsweise hat Khan dort an mehr als 10.000 Studenten sein Wissen weitergegeben. Seit 1985 existiert außerdem ein zweites Collage in Basel. Khan hinterläßt mehr als 95 Alben und unzählige Kompositionen. 

Er sagte einmal: “Ich unterrichte das, was ich von meinem Vater gelernt habe. Das gleiche System, die gleiche unverfälschte Tradition. Mit der selben Hingabe, der selben Liebe zur Musik. Das kann ich aber nur, wenn ich mit ganzem Herzen bei der Sache bin. Nur auf diese Weise bleibt die Musik bestehen.”

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Sie bezeichnen sich als die “wahren Journalisten Kinshasas” – Staff Benda Bilili. Im November wird ihnen der “Artist Award” der WOMEX in Kopenhagen überreicht.

Mit ihrem Debut-Album “Tres Tres Fort” stürmten sie Anfang des Jahres die Musikwelt. Ihre Songs zeichnen sich durch eine erfrischende Originalität aus, die selbstverständlich Fahrt aufnimmt aus der Musiktradition des Kongo. Staff Benda Bilili wecken beim Publikum auch deshalb Interesse, weil sie als Gruppe etwas noch nie Dagewesenes repräsentieren – ihre Songs erzählen vom Leben auf der Straße, von Waisenkindern und Prostituierten. Sie erzählen ihre eigenen, gelebten Geschichten und Realitäten. Die Straßen Kinshasas machen sie in klapprigen, selbstgebauten Gefährten unsicher. Längst nicht aus Langeweile, sondern aus Notwenigkeit, denn einige der Musiker sind teilweise durch Polio gelähmt. 

Nun wurde bekannt gegeben, dass ihnen zur WOMEX im November in Kopenhagen einer der begehrtesten Trophäen in der Weltmusikszene übergeben werden soll: der “Artist Award”.

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13 Jun, 2009

TINYA Podcast #42: Musik unter Zensur

Posted by: Redaktion In: Radio

Sonntag, 21. Juni 2009   18 Uhr   Radio Corax [live stream]

TINYA Podcast #42 [

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Das, was heute unter der Rubrik “Weltmusik” angesammelt wird, beruht auf zumeist höchst virtuosen Rezepturen. Es werden Genre zusammengewürfelt, deren Qualität außer Frage steht. Genre, mit obendrein oft spannenden Sozialgeschichten und Kontexten. Eine Spielart der “Weltmusik” ist es nun, aus mehreren dieser Stilrichtungen eine möglichst tanzbare, möglichst schräge und nie dagewesene Neufusion zu kreiieren. Sowas wie: Rumba-Raggae-Samba-Rhythmus plus Tango-Bandoneon und westafrikanischer Ngoni, das ganze angeführt von einer Obertonsängerin. Übertriebene Sache. Doch eines wird an diesem Szenario klar. Dieser Art von Musik fehlt die Idee, fehlt der Beweggrund, fehlt der Aufschrei, fehlt die Aktion und das Aufbegehren. Für all jene, die sich gegen Musik mit rein kommerziellen Absichten aussprechen, ist diese “Weltmusik” ohne aufrichtige Intention wertlos. 

Wieviel Courage zum Musik machen aber in manchen Teilen der Welt abgefordert wird, das zeigt die kommende TINYA Sendung. Denn Musik als Ausdrucksmöglichkeit ist im Stande viele Menschen in ihren Bann zu ziehen. Dort, wo Regierungen Probleme mit dem Begriff “Freiheit” haben, werden immerwieder Musiker zensiert, verfolgt, verhaftet und sogar getötet. Eine Sendung, gewidmet all jenen Musikern, die mit ihren Liedern gegen Unterdrückung, Willkür und Ungerechtigkeit ankämpfen.

Mit einem Interview mit den iranischen Sängerinnen Mahsa & Marjan Vahdat und der Journalistin Marie Korpe, Direktorin der Nichtregierungsorganisation Freemuse (freemuse.org).

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