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23 Feb, 2009

Taos Amrouche: Berber-Exstase aus den Algerischen Bergen

Posted by: Redaktion In: Reviews

rezensiert von ECKEHARD PISTRICK

Als Taos Amrouche in den 60er Jahren in Paris auftrat, lagen ihr die französischen Intellektuellen zu Füßen. Dichter wie André Breton, Komponisten wie Olivier Messiaen oder der Schriftsteller André Gide überschlugen sich förmlich in Lobeshymnen über ihren Gesang. Was sie damals so faszinierte kann man jetzt in der CD-Kollektion „Les chants de Taos Amrouche – Chants Berbéres de Kabylie“, bestehend aus 5 CD’s, nachhören.

 

Von Rezensionen

Die aus den algerischen Bergen stammende Taos, Spross einer alten Sängerfamilie, stürmte seit ihrem ersten Auftritt 1939 bis zu ihrem letzten Auftritt im Pariser Stadttheater 1975 mit ihrem Berberkostüm und einer kraftvoll-klaren Stimme die Bühnen Afrikas und Europas. Ihre einstimmigen Gesänge (Monodien) mal von Hirtenflöte oder bendir (Rahmentrommel) dezent begleitet, sind von atemberaubender Schönheit.

Mit ihren Liedern versuchte sie die Lebensstationen und Rituale einer Berberfrau nachzuzeichnen. Ein besonderes Highlight dieser CD-Kollektion, die aus Wiederveröffentlichungen von Schallplatten des Arion-Labels besteht, ist die zweite CD: „Archaische Spanische Lieder der Alberca“. Die Auswahl der Lieder beruht auf eigener Feldforschung von Amrouche 1942 auf den Spuren der Berberkultur in Spanien. Hier begibt sich ihre durchdringende, kraftvolle Berberstimme zur Gitarrenbegleitung in hörbare Nähe zum Flamenco.

Der „mediterrane Sound“, der auf allen CD’s zu hören ist, schlägt den Bogen zurück zu einer mediterranen Gesangskultur der religiösen und kulturellen Toleranz, wie sie in Spanien bis 1492 gepflegt wurde, und wie wir sie von den Aufnahmen des Mittelalter und Renaissance-Spezialisten Jordi Savall her kennen.

Gleichzeitig sind diese Aufnahmen aber auch letzte Nachklänge einer Gesangskultur die durch Kolonialisierung und Globalisierung an den Rand des Aussterbens gebracht wurde. Wenn Taos mit ihrer durchdringenden, Schmerz beladenen Stimme die Klage an den Heiligen Antonio anstimmt – ein Lied,  dass eine alte Stickerin an einem verregneten Frühlingsabend anstimmte, während sie an einem riesigen Kamin Tortillas buk – kann man nachvollziehen, welche Erschütterung ihre Stimme hinterlassen haben muss. 

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